Przechówko, ein verlassener Friedhof wird restauriert

Am 13. September 2025 wurde nach mehr als zwei Jahre währenden Rodungs-, Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten ein vergessener Friedhof im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes und einer Feierstunde der Öffentlichkeit präsentiert. Der Vorstand des MAP (Mennonitischer Arbeitskreis Polen) war zu diesem Event für ein Grußwort, die Mitwirkung am ökumenischen Gottesdienst und die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion eingeladen. Aus Termingründen konnte nur der Vorsitzende des MAP dieser Einladung folgen.

Przechówko ist ein kleines Dorf in der Kleinen Schwetzer Niederung südlich der Stadt Schwetz / Świecie. In der Niederung siedelten vermutlich schon seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Täufer. Neben Flüchtlingen aus den Niederlanden kam ein Teil von ihnen aus Süddeutschland, Österreich und der Schweiz, die nach einer Zwischenstation in Mähren als erneut Vertriebene im damaligen Königlichen Preußen geduldet wurden. Przechówko wurde das Zentrum dieser Gemeinde, deren Mitglieder in den Dörfern der Niederung lebten. In Przechówko wurde eine Schule gebaut, die am Sonntag als Versammlungsraum der Gemeinde diente. Neben der Schule wurde ein Friedhof eingerichtet. Als einzige der preußischen Mennonitengemeinden waren sie der Altflämischen Groninger Sozietät angeschlossen, einer besonders strengen Ausprägung der Mennoniten.

In zwei großen Ausreisewellen 1820 und 1821 emigrierte die Gemeinde nach Südrussland (Ukraine) in die bereits ab 1804 besiedelte Molotschna-Kolonie und gründete die Dörfer Franzthal und Alexanderwohl. Die Filialgemeinden Brenkenhofswalde und Franzthal in der Neumark wanderten ebenfalls in die Molotschna-Kolonie aus und gründeten die Dörfer Gnadenfeld (1835) und Waldheim (1836).

Die Höfe wurden an Lutheraner verkauft, die den Friedhof weiterhin nutzten. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Flucht der Bewohner fand auch das Dorf ein Ende. Von dem ehemaligen Straßendorf ist heute kein Gebäude mehr vorhanden. Der Friedhof war mit Bäumen und Sträuchern überwachsen und als solcher nicht mehr erkennbar.

Aber in Polen wächst das Interesse an der Geschichte der Mennoniten. Neben dem lokalen Verein Pamiec Przechówka, der sich an den Restaurierungsarbeiten des Friedhofs beteiligte, hat sich besonders der Verein Lapidaria bei der Restaurierung verdient gemacht. Er hat sich zum Ziel gesetzt die vergessenen Friedhöfe in der Region Pommern-Kujawien wieder sichtbar zu machen. Über 500 von 1760 Friedhöfen sind bisher inventarisiert. Eines der großen Projekte ist der Friedhof Przechówko, auf dem neben den Mennoniten, ab 1830 Lutheraner ihre letzte Ruhestätte fanden. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt durch Prof. Dr. Michal Targowski, Historiker an der UNI Thorn / Torun. Auch die Stadt Schwetz / Świecie hat die Arbeiten gefördert und unterstützt. Finanzielle Hilfe kam von den Mennoniten aus den Niederlanden, den USA und über dem MAP aus Deutschland. Einer der Hauptinitiatoren dieses Projektes ist der Amerikaner Rod Ratzlaff, dessen Ahnen in Przechówko lebten. Seit Jahren forscht er zur Geschichte seiner Familie und der Mennoniten. Viele Menschen wurden in diesem Projekt zusammengebracht. Zu der Feier reisten wenige Vertreter aus den Niederlanden, USA und Deutschland an, mit ca. 30 Teilnehmern waren die interessierten Polen als große Gruppe dabei. Es wird immer deutlicher, dass wir dabei sind, an eine gemeinsame Geschichte zu erinnern. Zur Bewahrung der Geschichte braucht es Erinnerungsorte, wie dem Friedhof Przechówka. Für Mennoniten war es über Generationen Heimat, verbunden mit Familie und Gemeinde, für viele Polen ist diese Geschichte ein Stück Ortsgeschichte, aber auch in Polen wird Familienforschung betrieben, zwei der polnischen Teilnehmer (Jantz und Kerber) haben in ihren Ahnen Mennoniten.

Gefunden wurde eine Reihe von Grabsteinen, mit den Namen Ratzlaff, Unruh, Richert, Sperling und Pankratz aus dem 18. Jahrhundert. Durch Spezialisten wurden die beschädigten oder in mehrere Teile zerbrochenen Steine restauriert und lesbar gemacht. Aus späterer, evangelischer Zeit wurden viele Grabstellen hergerichtet.

Der Bildhauer Robert Adrych hat aus einem großen Granitstein einen wunderbaren Gedenkstein geschaffen, der ein zusätzlicher Höhepunkt auf dem Friedhof ist. Über der Inschrift in Polnisch und Deutsch „Den Mennoniten und Evangelischen aus Przechówko (Wintersdorf) und Umgebung, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Friede ihrer Asche“ wurde die Karte des Dorfs eingraviert. Die 14 Häusern der Hofstellen nebst Schule und Friedhof wurden aus dem Stein herausmodelliert.

Während einer Podiumsdiskussion in einem alten Vorlaubenhaus in Chystkowo war die Bedeutung dieses Friedhofs für den MAP und die Mennoniten in Deutschland darzulegen. Auch Fragen zur Erinnerungskultur, zu Orten der Erinnerung und über mennonitische Beerdigungskultur waren zu beantworten. Die Teilnehmer aus den Niederlanden und USA haben jeweils ihre Sicht auf diese Fragen erläutert. Mit einer Reihe von interessanten Vorträgen wurde der Tag fortgesetzt.

Sicherlich wird dieser Friedhof nun in die Liste der zu besuchenden Orte bei Polenreisen aufgenommen.

Johann Peter Wiebe, 29.09.2025